Natalia Gutman, Cellistin
Für die künstlerische Entwicklung von Natalia Gutman waren zwei Menschen von maßgeblicher Bedeutung: ihr Großvater Anisim Berlin, Geiger und Schüler des legendären Leopold Auer, und Galina Kozolupova, mit der sie fast fünfzehn Jahre studierte. Neben diesen Persönlichkeiten haben große Künstler, die leider inzwischen alle nicht mehr unter uns sind, Leben und Spiel der Cellistin über lange Jahre entscheidend beeinflußt – Mstislav Rostropovitch, Svjatoslav Richter und ihr Mann, der Violinist Oleg Kagan. Richter sagte über Natalia Gutman „…sie ist eine Inkarnation der Aufrichtigkeit in der Kunst“. Heute ist „die Gutman“ unangefochten die Grande Dame ihres Instrumentes und eine der bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten unserer Zeit.
In Kazan geboren und in Moskau aufgewachsen, gab Natalia Gutman schon als Neunjährige ihr erstes Konzert. Ab 1964 studierte sie bei Mstislav Rostropovitch am Moskauer Konservatorium. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. beim Tschaikowsky-Wettbewerb (1962). Mit dem ersten Preis beim ARD-Wettbewerb in München 1967 begann ihre Weltkarriere, die Natalia Gutman auf alle Kontinente geführt hat.
Die Berliner-, Wiener-, Münchner- und St. Petersburger Philharmoniker, das London Symphony Orchestra, das Orchestre National de France oder das Philadelphia Orchestra unter Dirigenten wie Claudio Abbado, Riccardo Muti, Gennady Roshdestvensky, Wolfgang Sawallisch, Yuri Temirkanov, Kurt Masur, Bernard Haitink und Sergiu Celibidache gehören genauso zu ihren häufigen Partnern, wie in der Kammermusik Martha Argerich, Juri Bashmet, Alexei Lubimov, Evgeny Kissin, Svjatoslav Richter, Isaac Stern, Elisso Virsaladze und – bis zu seinem Tod – Oleg Kagan.
Neben Bach, Beethoven und den anderen großen Vertretern der Klassik und Romantik setzt sich Natalia Gutman sehr nachhaltig für zeitgenössische Musik ein; Alfred Schnittke hat ihr eine Sonate und sein erstes Cellokonzert gewidmet. Das Repertoire der Künstlerin umfaßt heute fast die gesamte Konzert-Literatur für Violoncello und Orchester. Neben ihrer ausgedehnten Konzerttätigkeit gilt Natalia Gutmans´ besonderes Interesse dem musikalischen Nachwuchs. Von 1991 bis 2004 bekleidete sie eine Professur an der Musikhochschule Stuttgart und unterrichtet nach wie vor am Moskauer Konservatorium sowie in zahlreichen Meisterklassen auf der ganzen Welt.
Für BMG nahm Natalia Gutman die beiden Cellokonzerte von Schostakowitsch auf (mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter Yuri Temirkanov), für die EMI das Dvorak-Konzert (mit dem Philadelphia Orchestra, Leitung Wolfgang Sawallisch) sowie die Cellokonzerte von Schnittke (Nr. 1) und Schumann (London Philharmonic Orchestra, Kurt Masur und aus dem Jahr 2007 Mahler Chamber Orchestra und Claudio Abbado).
Zahlreiche Aufnahmen liegen im Bereich der Kammermusik bei verschiedenen Labels vor. Seit vielen Jahren werden bei „Live Classics“ zahlreiche Einspielungen vorgestellt – unter anderem eine Portrait-Serie der Künstlerin (Orchester und Kammermusik) sowie die Kammermusikaufnahmen mit Svjatoslav Richter und Oleg Kagan.
In der jüngeren Vergangenheit standen die Orchesterkonzerte von Schumann und Schostakowitsch besonders häufig auf dem Programm. Nach dem Tode von Mstislav Rostropovitch auch die ihm gewidmeten Werke von Prokofief und Britten, die Natalia Gutman auf der ganzen Welt spielt. Solo-Abende, Duo-Konzerte mit Elisso Virsaladze sowie eine große Quartett-Tournee mit Yuri Bashmet, Viktor Tretjakov uns Vassily Lobanov prägten das Kammermusikengagement der Künstlerin in Asien, den USA und Europa.
Das Internationale Oleg Kagan Musikfest Kreuth, von Natalia Gutman und Oleg Kagan gegründet, ist inzwischen fester Bestandteil im Deutschen Musikleben – jährlich im Juli stellt die Künstlerin dort anspruchsvolle Kammermusikprogramme zusammen und konzertiert mit Freunden aus der internationalen Musikszene – 2010 schon zum 21. Mal!
Im Mai 2005 wurde Natalia Gutman von Bundespräsident Köhler für ihre “Verdienste um die Vertiefung der Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland” mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deuschland ausgezeichnet. Die Verleihung eines “Fellowship des Royal College of Music” in London durch den Prinz of Wales fand im Mai 2010 statt.
Besonderer Schwerpunkt für das Jahr 2010 sind die Bach-Suiten, die Natalia Gutman an zahlreichen Orten teilweise aber auch komplett zu Gehör bringen wird. Zahlreiche Orchesterkonzerte (u. a. mit Claudio Abbado und dem Schumann Konzert), Meisterkurse und Kammermusikprojekte komplettieren das Jahr.